Die Geschichte des Polizeigebäudes am Quimperplatz begann Ende Juli 1920, als dem Ministerium des Innern ein Kostenvoranschlag für die Errichtung von Gebäuden bzw. als Dauerunterkunft für die Polizeiabteilung in Remscheid zur Genehmigung vorgelegt wurde. Zur Begründung der Notwendigkeit hieß es: „Da voraussichtlich in der nächsten Zeit mit der Durchführung der Verstaatlichung der Polizei zu rechnen ist, ein geeignetes Gebäude als Polizeiamt aber nicht zur Verfügung steht, halte ich es für unbedingt erforderlich, dass die Vorbereitungen für die Errichtung eines Neubaus beschleunigt in Angriff genommen werden.“
Im Januar 1922 wurde ein Gelände an der Lindenstraße (heute Martin-Luther-Straße) in Augenschein genommen. Ursprünglich hatte man ein Grundstück an der Kreuzung Wilhelmstraße/Hindenburgstraße ins Auge gefasst, diese Überlegung aber aus Kostengründen wieder fallen gelassen. Schließlich entschied man sich seitens des Staatlichen Hochbauamtes in Elberfeld für das „Projekt Lindenstraße“.
Die Öffentlichkeit sprach sich, wie die Stadt Remscheid auch, zunächst gegen das Projekt aus. Begründung: Die Lindenstraße (heute Martin-Luther-Straße) als eine der schönsten Remscheider Straßen sollte mit Wohnhäusern für Bürger bebaut werden; man sah darin eine „Verschandelung des Stadtparkbezirks“. Innerhalb der Stadtverordnetenversammlung bestand auf Seiten der kommunistischen Partei – wenig überraschend - ebenfalls eine starke Gegnerschaft gegen das Vorhaben. Der Regierungspräsident in Düsseldorf jedoch sprach sich entschieden dafür aus, da sich durch die Neubauten die Gelegenheit ergab, Erwerbslose zu beschäftigen und den Baumarkt zu heben. Außerdem konnte so das Schützenhaus und der Platz vor der Stadtparkhalle wieder geräumt werden. Für den Bau der Schutzpolizei-Wohnhäuser musste eine Kleingartensiedlung weichen, die Gartenpächter entsprechend entschädigt werden, wozu nicht jeder gleich bereit war.
Die Stadt verlangte vom Staatsfiskus einen Kaufpreis von 500.000 Mark, dazu kamen 4.500 Mark als Anliegerbeitrag für die Straßenbaukosten; außerdem hatte der Fiskus die Kosten für die Weiterführung der Uhlandstraße zu tragen. Die Beschäftigung von Notstandsarbeitern wurde verpflichtend gefordert.
Schon im Herbst 1922 machte sich die beginnende Geldentwertung bemerkbar: Der Kaufpreis von 500.000 M konnte nicht mehr gehalten werden und musste auf 1 Mio. Mark verdoppelt werden. Für die Realisierung des Projekts wurden Grundstücksflächen an der Hindenburgstraße und der Parkstraße von den Erben Böcker (Winden- und Werkzeugfabrik Friedrich Böcker) angekauft. Mitte Februar 1923 erfolgten die Kaufvertragsverhandlungen (Verhandlungsleiter war Vermessungsdirektor Gustav Streng für die Stadt Remscheid, Regierungsassessor Dr. Schönrock für den Preußischen Staatsfiskus) über die Fläche Flur 4, Nrn.: 6637/0.198, 6637/0.46, 5273/198 u. 5267/46 Lindenstraße in Remscheid, 208,42 Ar (1 A = 100 qm) zum Kaufpreis von 1 Mio. Mark. Der Preußische Staatsfiskus als Käufer hatte außerdem die Kosten für die Auflassung, die Eintragung ins Grundbuch, die Grunderwerbssteuer sowie die Wertzuwachssteuer in Höhe von 200.000 Mark zu tragen. In der Zwischenzeit hatte die Geldentwertung dazu geführt, dass aus der angesetzten Million ein Kaufpreis von 8.720.000 Papiermark wurde (der entsprechende Kaufvertrag wurde am 16. August 1924 durch den Remscheider Notar Dr. Friedrich Heinemann beurkundet) – ein Betrag, der im Jahr 1923 schon in mehreren Raten bezahlt worden war.
Kurze Zeit später war das Geld selbst das Papier kaum mehr wert, auf das es gedruckt war: Als im Laufe des Jahres 1923 ein zwölf Meter breiter Geländestreifen nordwestlich der Uhlandstraße dazu gekauft werden musste, kostete dieser den Fiskus schon 143 Billionen Mark!
Ende Mai 1926, nach zweieinhalbjähriger Bauzeit, waren die Polizeiunterkünfte dann soweit fertiggestellt, dass die Polizei - die bis dahin in Baracken auf dem Schützenplatz, zum Teil auch im Bismarckturm (als Funkstelle) und in der Stadtparkhalle (Fernsprechzentrale) untergebracht war - nach und nach einziehen konnte. Die Gesamtanlage umfasste das schon 1925 bezogene Wohngebäude für verheiratete Beamte, das Bereitschaftsgebäude und das Verwaltungsgebäude. Die vierte Seite des großen Häuservierecks nahmen Stall, Autogarage, Werkstätten und Turngebäude ein. Die Gesamtfront aller Gebäude umfasste rund 300 Meter, während 2500 Meter Kanalanlagen für das Abführen von Schmutz und Regenwasser sorgten.
Das Wohngebäude beherbergte 18 Dreizimmerwohnungen mit Küche und 6 Vierzimmerwohnungen mit Küche für die Beamten der ausführenden Schutzpolizei. Das Bereitschaftsgebäude an der Lindenstraße umfasste Gemeinsamkeits- und Wohlfahrtsräume (darunter ein blaues Lesezimmer mit Kamin und Bibliothek), Einzelzimmer mit einer Belegung bis zu vier Mann und das Geschäftszimmer. Vom westlichen Flügel leitete ein zweifacher Torbogen zum Verwaltungsgebäude über. Der Speisesaal hatte eine Ausdehnung von 17 x 8 Metern, dazu Spielzimmer und Kantine mit mittelalterlicher Wandbemalung. Für die Offiziere gab es einen eigenen Speisesaal. Außerdem lagen in diesem Gebäude die Küchen- und die Badeanlage, die Sanitätsabteilung, die Starkstrom-Alarmanlage, Feuerlöscheinrichtung, Heizanlage (3 Kessel zu je 38 qm Heizfläche) und ein Kamin. Das Verwaltungsgebäude umfasste die Hauptwachräume, die gesamte Polizeiverwaltung, den Stab der Schutzpolizei, die Gefängnisanlage, die Kriminalabteilung und den fotografischen Erkennungsdienst. Der Stall war für etwa 30 Pferde gebaut und mit Schiefergiebel versehen worden; das Werkstattgebäude wies verschiedene Werkzeugmaschinen mit elektrischem Antrieb auf, die Autogarage hatte Raum für 10 größere Lastwagen. Darüber befand sich die Turnhalle mit Boxraum, Ankleide- und Waschräumen, etc.
Die Bauleitung lag in den Händen von Ministerialrat Dammeyer (Finanzministerium), Regierungs- und Baurat Schräder (Bezirksregierung Düsseldorf) und Regierungs-Baumeister Alexander Schaefer.
Die feierliche Einweihung der Polizeiunterkunft Remscheid und die Übergabe des Gebäudes an die Polizei fand am 8. September 1926 statt. Die Feierlichkeiten begannen morgens um halb elf auf dem Hof des Bereitschaftsgebäudes unter Beteiligung zahlreicher Ehrengäste und Honoratioren, darunter der preußische Innenminister Carl Wilhelm Severing. Baurat Schaefer übergab die Schlüssel an den Polizeipräsidenten Georg Wilhelm Suermondt, der als erster das Gebäude betrat. Nach den anschließenden Festreden fuhr die Gesellschaft um 13 Uhr zum Essen ins Talsperrenrestaurant, wo Remscheids OB Hartmann ebenfalls eine Rede hielt. Später wurde gemeinsam das Strandbad Eschbachtal besichtigt; zum Kaffeetrinken begab man sich nach Schloss Burg. Abends gab es dann noch eine gemeinsame Feier in der Turnhalle der Polizeiunterkunft.
Es bleibt noch anzumerken, dass entgegen aller Buh-Rufe aus der Planungszeit am Ende festgestellt werden konnte, dass der Gebäudekomplex dank „seiner äußeren Gestaltung und seiner stilvollen Inneneinrichtung sicherlich die zurzeit schönste und zweckmäßigste Polizeiunterkunft in ganz Preußen darstellt. Und die Stadt Remscheid hat mit dieser prächtigen Anlage eine Bereicherung und Verschönerung des Stadtteils erfahren, deren Wert in städtebaulicher Hinsicht nicht hoch genug einzuschätzen ist“, wie der Remscheider General-Anzeiger in seinem Artikel über die Einweihung am 8.9.1926 einräumen musste.
Verfasst von Viola Meike