© Stadtarchiv Remscheid

Fundstück

Franz Fach - Wirt, Dompteur, "Kow-Boy"

Fundstück des Monats März 2022

Rechnung Kipper Brauerei an Franz Fach 1915

Die vorliegende Rechnung der Kipper Brauerei diente bereits als Fundstück im vergangenen Monat. Darin wurde die Geschichte der Rechnungsstellerin behandelt.  Aber auch der  Rechnungsempfänger ist eine Geschichte wert  und bedarf, wie wir finden, einer eigenen "Manege". Adressiert ist die Rechnung an Franz Fach, Königstraße. Ein flüchtiger Blick reicht um festzustellen, dass der Umfang der Rechnung nicht auf eine Bestellung für den Privatgebrauch schließen kann. Franz Fach betrieb in der unteren Etage seines Wohnhauses in der Königstraße 195 eine Schankwirtschaft. Gäste der Fach´schen Schankwirtschaft erwartete bei ihrem Besuch aber nicht nur Kipper-Bier, denn Franz Fach war auch Tierschausteller, Dompteur und Tierhändler. Zu seinem Repertoire gehörten Tiger, Löwen, Hyänen und vieles mehr. 

Franz Carl Fach jr. wurde am 21.8.1893 in Remscheid geboren. Sein Vater, Franz Fach sr. (1865-1939), war ursprünglich Sägenfabrikant in Remscheid-Hasten. Um 1910 verkaufte der Vater seine Werkzeugfabrik, Spezialität Sägen-Werkzeug für Holzbearbeitung, und eröffnete eine Schankwirtschaft auf der Königstraße. Er hatte sich außerdem mit einem Tierhandel selbstständig gemacht.  

Franz Fach jr. stieg schon bald in die Geschäfte seines Vaters mit ein. In den 1920er Jahren zog er sogar mit einem eigenen Zirkus durch die Lande. Franz Fach war dann Dompteur und „Kow-Boy“ und seine Frau, Martha, die er am 7. Juni 1919 geheiratet hatte, Raubtier-Dompteuse.

Die Faszination für Tiere aller Art brachte Franz Fach jr. auch nach Afrika, wo er wilde Tiere jagte und fing um Sie nach Deutschland zu importieren und auszustellen. Seine Faszinationen insbesondere für die Kolonie Deutsch Ost-Afrika mündete in einer großen Kolonial Ausstellung in der Franz Fach Jagdausrüstung, lebende und ausgestopfte Tiere aus Afrika ausstellte. Er schrieb über seine Reisen in die ehemalige deutsche Kolonie folgendes: 

„Da meine Eltern in meiner Jugend schon einen Tierhandel besaßen und einige Jahre später mit einem Zirkus reisten, so war ich schon von frühen Jahren mit sämtlichen Tieren vertraut und so kam es, dass es wohl kein Tier gab, was ich nicht zu einer Arbeit angelernt und vorgeführt habe. Vom Löwen bis zu unseren Hausgenossen, den Hunden und Katzen. Zu einem solchen Berufe gehört nicht nur Liebe, sondern ein etwas was nicht jedermanns Sache ist, eine überaus grenzenlose Liebe zum Tiere und zur Natur. Da ich nun jahrelang mit Löwen und den gefährlichsten Raubtieren, dem Leoparden gearbeitet habe und diesen Tieren ihre innerste Seele studiert und auch verstanden habe, was nur wenigen Dresseuren eigen ist, erwuchs in mir der Gedanke, diese Tiere in ihrer Freiheit kennen zu lernen. Und da wohl unsere Kolonie Ost-Afrika eines der reichhaltigsten Gebiete ist, so entschloß ich mich, nach dort zu fahren. Ich landete mit dem Dampfer von Hamburg in Daressalam, einem kleinen sauberen Städtchen. Da nun schon mit der Regierung alles geregelt war, kam die Vervollständigung meiner Expedition an die Reihe. Ehe man in einem Gebiet wie Deutsch Ost-Afrika auf Jagd und Fang auszieht, muß man sich zunächst einmal über die dort herrschenden, von den europäischen gänzlich verschiedenen Landes-, Lebens- und Verkehrsverhältnissen klar sein. Hier spielen zum Erfolge einer Jagd ganz andere Faktoren mit, als in Europa. In den zivilisierten Ländern zieht man ganz einfach mit Jagdschein, Büchse, Patronen, Jagdhund, Jagdtasche usw. los, fährt womöglich mit der Bahn, bequemen Jagdwagen oder Automobilen an Ort und Stelle, fährt abends nach Hause zurück oder bleibt schlimmstenfalls in einem Dorfe über Nacht, ohne Sorge um Unterkunft, Nahrung und Sicherheit des Lebens. Nicht so in der afrikanischen Wildnis! Hier gibt es Steppengebiete, die wohl nie von Fuße eines Europäers betreten wurden. Hunderte von Quadratkilometern sind gänzlich unbewohnt, denn bei höchstens 8 Millionen Einwohnern hat Deutsch Ost-Afrika die doppelte Bodenfläche Deutschlands. Hier gibt es viele Meilen keinen Weg, keinen Steg, keine Eisenbahn, keine Post.

[…]

So könnte ich tagelang aus unserem Tierparadies von Deutsch Ost-Afrika erzählen. Aber eines wünschte ich, das jeder Tier- und Natur-Liebhaber sich einmal dieses Wunderwerk dort selbst ansehen könnte, da dieses aber wohl nur wenigen vergönnt sein wird, so habe ich mich denn entschlossen, meine große Sammlung in einer Kolonialschau zusammenzufassen und einen jeden Deutschen Volksgenossen einen Einblick in das Innere unserer Kolonie Deutsch Ost-Afrika zu geben, trotz der großen Unkosten an Transport, Pflege, Unterhaltung von Tieren und Menschen usw.“ 

Auf der Königstraße konnten Remscheider und Besucher aus ganz Deutschland allerhand exotische Tiere bestaunen, die auch an Zirkusse verliehen wurden. Ein Bestandsbuch aus dem Jahr 1938 listet folgende Tiere auf, die sich im Besitz von Franz Fach befanden: 4 Kamele, 3 Zebras, 6 Büffel, 36 Pferde, 6 Esel, 3 Maultiere, 12 Zwergziegen, 14 Warzenschweine, 22 Affen, 21 Hunde, 10 Katzen, 21 Papageien, 2 Kängurus, 3 Stachelschweine, 9 Tiger, 6 Leoparden, 2 Panther, 2 Pumas, 3 Schakale, 12 Löwen, 8 Bären, 7 Dingos. 

Mit der Zeit wurden die Tiere weniger. Die Schankwirtschaft aber blieb - und ein Bär, den Franz Fach bis kurz vor seinem Tod, am 12. Oktober 1980, im Keller seines Wohnhauses gehalten haben soll und gerne den Gästen seiner Wirtschaft vorführte. 

 

Verfasst von: Sarah Baldy

 

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