Fundstück

O li’ev Remsched - Die Zerstörung Remscheids 1943

Fundstück des Monats Juli 2023

In einem kürzlich übernommenen Nachlass (Signatur N_2000_184) stießen wir auf ein Werk des Remscheider Mundart-Dichters Karl Zimmermann. In seinem Gedicht auf Remscheider Platt erinnert er darin an die Schreckensnacht vom 30. auf den 31. Juli 1943.

Die verheerende Zerstörung Remscheids durch den Bombenangriff in jener Juli-Nacht jährt sich nun zum 80. Mal. Wir nehmen daher das Gedicht von Karl Zimmermann als Fundstück des Monats zum Anlass, an die für Remscheid schicksalhafte Nacht zu erinnern, in der so viele Menschen ihr Leben, ihr Hab und Gut verloren und das Erscheinungsbild Remscheids sich für immer änderte.

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Blicken wir 80 Jahre zurück: Es ist der 30. Juli 1943. Eine laue Sommernacht. Um 23:20 Uhr schrillen die Alarmsirenen. Um 00:05 Uhr stehen schon die ersten „Christbäume“[1] über Remscheid.

Gegen 2:45 Uhr dann die Entwarnung. Langsam wagen sich die ersten Menschen aus ihren Schutzräumen hervor und sehen die brennende Stadt. Remscheid liegt in Schutt und Asche.

Der massive Angriff dauert nur knapp eine halbe Stunde. Abgeworfen werden 295 Tonnen Sprengbomben und 483 Tonnen Brandbomben. Darunter auch Sprengbomben mit Zeitzünder, die noch bis in die Morgenstunden des 31. Juli detonieren.

Besonders betroffen sind die Wohngebiete zwischen Handweiser, Unterführung, Nordstraße, dem Stadtkegel und der Eisenbahnlinie Remscheid-Solingen.  Die bittere Statistik dieser Bombennacht: 1063 Menschen verlieren ihr Leben, 11 401 Häuser werden beschädigt - das sind fast 80% der in Remscheid vorhandenen Häuser. 3 418 davon werden völlig zerstört, 2887 schwer bis mittelschwer beschädigt und 6 096 Häuser leicht beschädigt.

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Nur wenige ZeitzeugInnen leben noch heute, 80 Jahre nach dem schicksalhaften Tag für Remscheid. Für die meisten ist das Ausmaß des Leids der Opfer des Bombenangriffs heute unvorstellbar. Es gab kaum eine Familie in Remscheid, die keine Angehörigen unter den Opfern hatte; fast jeder hatte den Verlust von Freundinnen und Freunden, von Haustieren, von persönlichem Besitz zu beklagen.

Die Erinnerungen der ZeitzeugInnen der "Werkstatt der Erinnerungen“ sind in einer vom Bergischen Geschichtsverein herausgegebenen Publikation erschienen. Ausschnitte aus den Erinnerungen an die Bombennacht möchten wir hier gern wiedergeben:

„[…] Also, für mich war eigentlich, daß so die Stadt kaputt war, die Stadt, wo ich nun aufgewachsen war, wo ich so oft gewesen war, daß das nicht mehr existierte, das war für mich so schlimm, auch so zu sehen, wie das alles brannte. Ich hab' hinterher einen Nervenzusammenbruch gekriegt. Und obwohl ich keine Toten gesehen hab', ich wunder' mich eigentlich heute, daß ich in erster Linie so bedauerte, daß die Stadt kaputt war und gar nicht gesehen hab', wieviel menschliches Leid damit verbunden war. Das hängt wohl damit zusammen, das ich das nicht direkt erlebt habe, weil wir so im Außenbezirk wohnten. […]“

Ilse Faeskorn *1929

„[…] Es dauerte nicht lange, als rundherum die Bomben fielen. Das Schlimmste war – die anderen Bewohner waren überwiegend Frauen und Kinder – dieses Geschrei, wie der Strom weg war und das Licht ausging. Als die Bombenabwürfe aufhörten und es ruhiger wurde, da sind wir raus aus dem dunklen Keller. Und dann sahen wir, der ganze Stadtkegel steht in Flammen. […]“

Richard Erich *1926

„[…] Die Flammen schlugen schon überall auf der Mitte der Straße zusammen. Die Häuser, die brannten da alle, die ganze Alleestraße bis rauf auf den Berg oben, ein einziges Flammenmeer. War nicht mehr viel zu löschen, denn die Schläuche verbrannten da durch herabstürzende brennende Trümmer. Dann bin ich über die Dünkeloh-Klinik rauf bis auf den Berg, und dann war Ende. Eine Hitze ... Mittlerweile hat sich da ein Sturm entwickelt durch diese Hitze. Dann diese herabfallenden Trümmer, von den brennenden Häusern diese Asche! Glühender Aschenregen fiel vom Himmel, es war furchtbar. […]“

Richard Edrich *1926

 

Die Zerstörung Remscheids und vieler anderer Städte war eine direkte Folge des durch Hitler-Deutschland ausgelösten 2. Weltkriegs. In Deutschland liegt der Ausgangspunkt des Leids und der Zerstörung. Heutige Generationen können Geschehenes nicht rückgängig machen, sollten aber das Gedenken an die Opfer aufrecht erhalten.

Sie werden nicht vergessen, die 1063 Menschen, die in der Nacht auf den 31. Juli 1943 in Remscheid ihr Leben verloren!

 

[1] Bezeichnung der deutschen Bevölkerung der bei Nachtangriffen zur Zielmarkierung abgeworfenen Leuchtmunition

 

Verfasst von: Sarah Baldy

 

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